| Die Augustsonne brennt auf uns nieder, als wir alle zur Getreideernte aufs Feld hinter dem Haus gehen. Opa kann gut mit der Sense umgehen und Oma bindet die Garben. Nach einer Weile 
                                schleiche ich mich davon und lege mich ins Kornfeld, schaue zum Himmel und zähle die weißen Schäfchenwolken. Dann werden die Wolken dicker und größer und ich versuche mir Tiere in die verlaufenden, vom Wind 
                                auseinander und zueinander verwehten weißen Fetzen zu denken. Ein Pferd erträume ich mir, mit dem ich im Galopp über den Himmel dahin reite und im nächsten Augenblick zerrinnt es unter mir und wird zu einem riesigen 
                                Bär oder springenden Hund. 
 
                                
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 Ich bemerke nicht, dass die Wolken dicker und grauer werden, erst als einige Tropfen auf mein Gesicht fallen und die Stimme von Oma über das Feld an mein 
                                Ohr dringt, springe ich auf. Ein Gewitter ist im Anzug und die Großeltern hasten eilig über das Feld, um die letzten Garben zu Hocken zusammenzustellen, damit sie vor 
                                Regen und Sturm geschützt sind. Miteinander laufen wir, die Schürzen und Jacken über den Köpfen haltend, durch den langen Gartenweg auf das Haus zu. Der Sturm 
                                reißt an unserer dünnen Sommerkleidung und als wir endlich die Haustür und die trockene Stube erreichen, fallen wir laut atmend und prustend auf die Küchenstühle. 
                                Die nassen Haare kleben in unseren Gesichtern, das heißt, nur bei Oma und mir, denn Opa hat eine Glatze und der braucht sich nur mit dem Handtuch über seinen 
                                Kopf zu fahren und schon ist er trocken. Doch bei mir rubbelt Oma so kräftig mit dem Tuch auf meinem Kopf herum, dass meine Zöpfe auseinander fallen und in 
                                Strähnen herunterhängen. Ein trockenes Kleid und das Gefühl von Behaglichkeit und Wärme umfangen mich. Draußen pladdert der Regen gegen die Fensterscheiben 
                                und der Sturm heult um das Haus. Laut seufzend lege ich mich aufs Sofa und schaue Oma zu, wie sie das Abendbrot richtet. Es gibt Kartoffelsalat mit Speck. Der 
                                Kinderreim fällt mir ein: „Oma schneidet Speck, schneid‘t den ganzen Finger weg“. Nun, sie schneidet zwar genussvoll den Speck, doch schneidet sie sich keinen 
                                Finger weg, sondern sie macht es so: drei Scheiben für den Salat schneiden, eine in den Mund, drei Scheiben schneiden, eine in den Mund. Oh, dieser Schinken ist 
                                etwas Köstliches! Langsam döse ich ein, danke Gott, dass er uns vor Blitzeinschlag und Hagel bewahrt hat und fühle mich sicher und geborgen. 
 © attigram
 
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